Neue Leidenschaft

Moskau erliegt dem Eishockeyfieber. Zu normalen Saisonspielen kommen mitunter gerade einmal 2000 Besucher in die alten Arenen. Doch das Playoff-Halbfinale zwischen Dynamo und ZSKA entfacht in der Hauptstadt eine neue Leidenschaft. Auch weil beide Klubs auf einem Niveau agieren.

Schöne neue Moskauer Eishockeywelt: Die ruhmreichen Mannschaften Dynamo und ZSKA, der ehemalige Polizei- gegen den ehemaligen Armeeklub, lassen alte Glaubenskämpfe neu aufleben. Seit langer Zeit treffen die beiden Traditionsteams auf einem Niveau in einer KHL-Playoff-Serie aufeinander und die alte Rivalität ist sofort zu spüren. „Dynamo ist der amtierende Champion. Aber wir suchen uns keinen leichten Weg: Auch unser Team ist sehr stark“, zitiert die russische Zeitschrift R-Sport ZSKA-Kapitän Alexander Radulov. Auf ihn kommt es in der Serie ganz besonders an. Der russische Nationalspieler agiert bei ZSKA wie in einer eigenen Welt. Radulov erhält die meiste Eiszeit aller Akteure, ist auch in Überzahl und Unterzahl präsent und ständig unter Strom.

Selbst auf der Bank agiert er wie ein Derwisch. Nach jedem Wechsel tauscht er seinen Sitzplatz, diskutiert das Vergangene und feuert seine Kollegen an. Auf dem Eis ist Radulov die tragende Säule bei ZSKA, doch Dynamo Trainer Oleg Znarok stellt ihm keinen speziellen Aufpasser an die Seite, sondern setzt weiterhin auf sein eingespieltes Kollektiv. Die Stärken des Gagarin-Cup-Siegers liegen im defensiv Mannschaftsspiel – genau so versucht Dynamo jetzt Radulov zu neutralisieren. In den erste beiden Partien des Duells mit großem Erfolg: Nach zwei Spielen war Radulov noch punktlos. Nach vier Aufeinandertreffen für Dynamo aktuell mit 3:1.

Auch das Trainerduell Butsaev gegen Znarok wird in Russland ganz besonders intensiv beobachtet. Beide machten sich zu Beginn ihrer Karrieren als Jugendtrainer einen Namen. Doch während Znarok mit großen Erfolgen mit HKMWD und jetzt Dynamo Moskau Geschichte schreibt, ist Butsaevs bisher größter Erfolg ein Titelgewinn mit der ZSKA-Nachwuchsmannschaft Rote Armee. Znaroks Position ist fast unangreifbar, auch Machtkämpfe mit Spielern wie Vorjahresheld Anisin entscheidet er für sich. Hinter Butsaev sitzen dagegen eine ganze Reihe mächtiger Traditionalisten, ehemaliger Weltklassespieler und Trainer, die nur auf einen Fehler warten. Für die neu zusammengewürfelte ZSKA-Mannschaft ist die Serie daher Herausforderung und Chance zugleich.

Ganz Moskau freut sich über das Duell, hofft auf viele weitere Partien und für die Zukunft eine neue Eishockeyhalle in der Hauptstadt.