Selbsternannter Titelkandidat

Plötzlich wird über Jekaterinburg in Fankreisen wieder heiß diskutiert: Der Klub mit Eduard Lewandowski im Kader startet in die neue Spielzeit mit dem Saisonziel Gagarin-Cup-Finale. Dabei war die Playoff-Teilnahme im Vorjahr der größte sportliche Erfolg in der KHL seit Jahren.

Ironie oder Kalkül? Die Ankündigung des Managements, in der kommenden Saison um den Titel mitspielen zu wollen, entzweit die Fans. Während die KHL-Gemeinde nur milde lächeln kann, meint es Gouverneur Jewgeni Kuiwaschew ernst: „Wenn wir nicht gewinnen wollen, warum sollten wir überhaupt an den Start gehen?“ Zu den Favoriten zählt Jekaterinburg auch in der siebten KHL-Saison trotzdem nicht. Ganz im Gegenteil. In der abgelaufenen Spielzeit gehörte das Team zu den Überraschungen im Osten. Die deutlich reicheren Klubs aus Omsk und Tscheljabinsk wurden überholt, die Mannschaft spielte diszipliniert, frech und mit einem klaren Konzept.

Das sportliche Duo, bestehend aus Manager Leonid Weissfeld und Trainer Anatoli Emelin bewiesen schon in Novokuznetsk, dass sie Experten für Erfolg mit kleinen Mitteln sind. Der Deutsche Eduard Lewandowski war als Führungsspieler und Unterzahlspezialist hoch angesehen. Doch Vorsaison-Topscorer Fyodor Malykhin erlag den Verlockungen des Geldes und wechselte nach Kazan.

Für Tore und Punkte sollen jetzt vor allem die neuen Ausländer sorgen: Ex-NHL Akteur Gilbert Brulé hatte seine Spielerkarriere eigentlich schon beendet und sucht nun in Jekaterinburg sportlich und privat eine neue Chance. Ihm zur Seite steht in Zukunft der Tscheche Jakub Petruzalek, der die KHL bereits kennt und immer dann für Furore sorgt, wenn er genügend Eiszeit erhält. Ein weiteres Puzzlestück auf dem Weg zum erträumten Erfolg ist Viktor Kozlov. Der mittlerweile 39-jährige, langjährige NHL-Stürmer absolvierte in der Vorsaison kein einziges Pflichtspiel und soll nun mithelfen, Avtomobilist sportlich auf die nächste Stufe zu katapultieren.

Immerhin ein zentraler Eckpfeiler aus der Spielzeit 2013/2014 bleibt am Ural: Torhüter Jakub Kovar schaffte es sogar zu den Olympischen Spielen. Nur wenn er erneut überragend hält und sich die vielen Fragezeichen im Kader in sportliche Ausrufezeichen entwickeln, kann Jekaterinburg den Erfolg des Vorjahres wiederholen. Der Titel jedoch wird wahrscheinlich ein Traum bleiben.