Siegeslächeln in Sibirien

Jetzt erst recht: Unter diesem Motto steht die Saison 2014/2015 von Sibir Novosibirsk, die bereits beendet schien, noch bevor das erste Spiel begann. Doch Sibir siegt trotz großer Finanzprobleme und blickt voller Stolz nach St. Louis in die NHL.

„Manchmal beschleicht mich so ein Gefühl, als ob es nur ein Traum wäre und gar nicht der Realität entspricht“, wundert sich Sibir Manager Kyrill Fastovski. Am vergangenen Wochenende gelang seinem Klub ein neuer Vereinsrekord in der KHL: Neun Siege in Folge. Plötzlich mausert sich der sibirische Underdog zu einem echten Playoff-Kandidaten, obwohl das größte Problem noch immer nicht gelöst ist. Denn im Sommer war der Klub praktisch pleite. Der Erfolg in den Playoffs war nicht zu bezahlen, weil die Geldgeber plötzlich ihre Zuwendungen einstellten. Über mehrere Wochen stand Sibir kurz vor dem Rausschmiss aus der Eliteliga. Erst ein finanzielles Eingreifen der Regionalverwaltung sicherte den Verbleib.

„Ja wir haben immer noch Verzögerungen bei der Auszahlung“, gibt Manager Fastovski ehrlich zu. „Insgesamt hat sich die Situation im Vergleich zum Sommer aber deutlich verbessert.“
Natürlich geht ein solcher Drahtseilakt nicht spurlos an der Mannschaft vorbei. Seit der Hiobsbotschaft im Sommer ist die Situation daher angespannt, vor allem zu Saisonbeginn agierten die Akteure verunsichert, ängstlich und zurückhalten. Doch von Spiel zu Spiel entwickelt sich Sibir zu einer echten Einheit. Jetzt erst recht lautet ihr Motto, schließlich mussten in der Sommerpause nicht nur finanzielle Rückschläge hingenommen werden. Auch sportlich riss die so erfolgreiche Vorsaison große Lücken: Erfolgstrainer Dmitri Kvartalnov verließ Novosibirsk in Richtung CSKA Moskau, der beste Verteidiger Kristian Kudroc ging nach Omsk und der beste Stürmer Jori Lehterä in die NHL. Dass der Finne zusammen mit seinem früheren Sibir-Sturmpartner Vladimir Tarasenko gerade mit St. Louis die beste Liga der Welt dominiert, erfüllt die Fans in Novosibirsk mit besonders großem Stolz.

Sportlichen Ersatz für die starken Leistungen gibt es dagegen nicht – das Team muss lernen auch ohne Stars zu siegen und ist auf einem guten Weg. Vor allem in der heimischen Arena, mit den frenetischen Fans im Rücken, zwingt Sibir sogar große Favoriten wie Ak Bars Kazan in die Knie. Dies gelang im Vorjahr auch in der ersten Playoff-Runde, in der laufenden Spielzeit wäre die Sensation noch viel größer. Doch der junge weißrussische Coach Andrei Skabelka arbeitet akribisch daran, trotz aller Widrigkeiten weiter erfolgreich zu sein. Besonders im Fokus steht dabei die Defensive. Torhüter Mikko Koskinen gelangen bereits drei Spiele ohne Gegentreffer, Anfang November wurde er zum besten Keeper der Woche in der KHL gewählt.

Auf seine Leistungen wird es besonders ankommen, ob Sibir Novosibirsk den aktuellen Höhenflug fortsetzen kann. Für ein totgesagtes Team spielt die Mannschaft jedenfalls erfrischend lebendig und die Fans in Sibirien hoffen, dass die Akteure den vielen Problemen auch weiterhin mit einem Siegeslächeln begegnen.