Wirtschaftskrise bedroht die KHL

Der Sport rückt in den Hintergrund: Während der ersten Spielpause in der laufenden KHL-Saison sind die Finanzen aktuell das bestimmende Gesprächsthema.

In der Krise zeigt sich der stärkste Zusammenhalt. Wie im echten Leben, so auch im Sport. Und da sich der wirtschaftliche Niedergang Russlands in den vergangenen Monaten massiv beschleunigt hat, ist die Krise auch in der KHL angekommen und lässt die Machtzirkel zusammenrücken. Bestes Beispiel dafür ist Salavat Yulaev Ufa. Der frühere Gagarin-Cup-Champion kämpft finanziell bereits seit Monaten ums Überleben. In der vergangenen Woche gab der Klub die Trennung von Cheftrainer Vladimir Yurzinov bekannt – um sie nur wenige Stunden später zu widerrufen. Offenbar kann und darf der Klub keine eigenen Entscheidungen mehr treffen, sondern erhält Order von außen: von den Kreisen, die den Klub finanziell am Leben halten.

Für die Fans wirkt die Situation wie eine Einlage im Zirkus. Zuerst die offizielle Entlassung, dann die Wiedereinstellung. Zum Lachen ist Niemandem zumute. Auch nicht in Mytishchi. Im Moskauer Vorort fanden 2007 Partien der Eishockey-Weltmeisterschaft statt. Heute ist hier die KHL-Organisation von Atlant beheimatet. Bereits im Sommer war der Klubs finanziell bankrott und konnte erst in letzter Sekunde das Budget für die neue Saison zusammenkratzen – auch hier nur mit Hilfe externer Geldgeber.

Angesichts der Wirtschaftskrise schrillten bei Atlant schon im Herbst die Alarmglocken. Seitdem vergeht kaum eine Woche, in der nicht öffentlich über das vorzeitige Aus während der laufenden Spielzeit diskutiert wird. Dem widerspricht nun Geldgeber und Unternehmer Anton Zingarevich: „Über globale Dinge kann ich aktuell keine Auskunft geben. Aber bis zum Ende der Saison wird die Mannschaft auf jeden Fall zusammenbleiben und wie es dann weitergeht, werden wir sehen.“ Eine Garantie für den Fortbestand in der Zukunft hört sich anders an.

Dazu passt, dass Atlant seit Anfang der Woche seine besten Spieler an die Konkurrenz verkauft: Andreas Engqvist und Ondrej Nemec verstärken CSKA Moskau, Konstantin Koltsov und Petr Vrána Ak Bars Kazan, weitere Transfers stehen kurz vor de Abschluss.

Ein Grund für diese Entwicklung bei Atlant ist auch die Tatsache, dass im Hintergrund offenbar aktiv an einer Rückkehr von Spartak Moskau in die KHL gearbeitet wird. Da das marode Stadion in Moskau allerdings nicht mehr den Sicherheitsbestimmungen der Liga entspricht, könnte Spartak die WM-Arena in Mytishchi nutzen.

Doch all diese Überlegungen und Gerüchte betreffen die Zukunft. Ärger in der Gegenwart droht den Klubs dagegen zusätzlich von anderer Stelle. Denn durch den massiven Kursverlust des Rubels gegenüber Euro und US-Dollar erhalten die ausländischen KHL-Akteure aktuell umgerechnet deutlich weniger Gehalt als bei Vertragsabschluss. Bei vielen Klubs mehren sich daher Berichte über frustrierte Cracks. Spürbar ist diese Entwicklung bereits auf dem Transfermarkt: Im Vergleich zu den Vorjahren werden spektakuläre Neuzugänge aus Europa oder Übersee nach Russland immer seltener. Ob die finanzielle Negativentwicklung der Liga gestoppt wird, hängt daher vor allem an der wirtschaftlichen Gesamtsituation in Russland. Die kommenden Monate versprechen daher auch außerhalb der Eisflächen Höchstspannung.