Der Fall Alexander Radulov

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Oleg Znarok ist ein Trainer mit menschlichen Fehlern. Interviews sind ihm ein Graus, Niederlagen sowieso und Unrecht nur schwer zu verdauen. Vielleicht auch deshalb akzeptiert der russische Nationalcoach jedoch Fehler von anderen eher und schätzt vor allem Ehrlichkeit. Im Fall Alexander Radulov war Oleg Znarok als Mensch und Chef gefordert und traf mit der Begnadigung des exzentrischen Stürmers kurz vor der Heim-WM die vielleicht wichtigste Personalentscheidung seiner Trainerkarriere.

Was war passiert? Alexander Radulov ist neben Ilja Kovalchuk das sportliche Aushängeschild der KHL. Seit Weihnachten versucht sein bisheriger Arbeitgeber CSKA Moskau den auslaufenden Vertrag langfristig zu verlängern – vergebens. Nach der Niederlage im Gagarin Cup-Finale gegen Magnitogorsk entschied sich Radulov gewohnt emotional und über Nacht für einen Kurztrip nach New York. Ziel seiner Reise war ein Treffen mit seinem neuen Agenten für Nordamerika und das Sondieren von Angeboten aus der NHL. Denn Radulov will die KHL verlassen, seinen Abschied aber erst nach der Unterschrift bei einem NHL-Team offiziell verkünden. Sein Pech: Durch das siebte Spiel im Finale und die Nominierung für die Nationalmannschaft war die Zeit knapp.

Am Ende fehlten ihm genau zwei Tage für eine rechtzeitige Rückkehr zum Start der Vorbereitung mit der Sbornaja. In diesen zwei Tagen wurde Radulov von der russischen Presse und vielen Offiziellen medial zerrissen. Schließlich kam es am vergangenen Donnerstag zur Aussprache mit Oleg Znarok. „Den Plan zur Reise in die USA hatte ich erst nach der Niederlage im Finale. Das war falsch, aber so ist es passiert. Die Verantwortung trage ich ganz allein“, erklärte Radulov reumütig, nachdem Oleg Znarok ihm verziehen hatte. „Sie haben mir gesagt, dass ich vorher hätte anrufen und sie informieren sollen, aber ich hatte meine Gründe“, so Radulov.

Fakt ist: Sportlich hilft Radulov dem russischen Team vor eigenem Publikum, vor allem im Umgang mit dem ungeheuren Druck. Und Oleg Znarok weiß: Mit seiner Entscheidung hat er einen Spieler im Kader, der etwas gutmachen möchte, bevor er seine Heimat im Sommer in Richtung NHL verlässt.