Vorobjev statt Znarok: Chaostage bei der Sbornaja

 

Paukenschlag in Russland. Wenige Wochen vor der WM ist Oleg Znarok nicht mehr Trainer der Sbornaja. Stattdessen führt der in Deutschland ebenfalls bestens bekannte Ilja Vorobjev die Mannschaft ins Turnier. Eine Chronologie der Ereignisse.

Dienstag, 10. April: Beinahe gleichzeitig veröffentlichen alle russischen Sportmedien eine Meldung, dass Oleg Znarok nicht länger Trainer bei SKA St. Petersburg ist und Ilja Vorobjev sein Nachfolger wird. Wie fast immer in Russland wird dabei weder die Informationsquelle genannt noch eine offiziellen Stellungnahme eines Verantwortlichen eingeholt. Da jedoch mehrere Medien gleichzeitig darüber berichten, scheint klar: Hier soll eine Botschaft übermittelt werden.

Donnerstag, 12. April, Mittags: In den Tagen nach der Meldung gibt es zwar viele Gerüchte, aber immer noch nichts Offizielles. Lediglich ein Tweet aus Petersburg, dass der Vertrag mit dem Trainerteam bis Ende April gültig ist. Daher stürzen sich die Journalisten auf eine Pressekonferenz von Vladislav Tretiak, der nach seiner Wiederwahl als Verbandspräsident über die Entwicklung des Eishockeys in Russland reden möchte. Bis ein Journalist nachfragt, ob nach der Geschichte mit SKA, Oleg Znarok auch bei der Nationalmannschaft zur Disposition steht? Die Antwort von Tretiak schlägt ein wie eine Bombe: „Znarok hat für uns sehr viel getan, ist Olympiasieger und Weltmeister geworden. Er stand unter großem Druck in St. Petersburg und der Nationalmannschaft. Beim Turnier in Dänemark wird daher übergangsweise Ilja Vorobjev die Sbornaja als Cheftrainer anführen. Znarok bleibt als Berater erhalten, Assistenztrainer Harisj Vitolinsh reist nicht zur WM“, so Tretiak.

lja Vorobjeb ist von dieser Entscheidung offenbar genauso überrumpelt wie Znarok selbst. Während der Ex-Cheftrainer schweigt und auf Anfragen nicht reagiert, erklärt Vorobjev, dass die Ernennung eine große Überraschung sei.

Am Nachmittag des 12. Aprils wird der Trainerstab der Sbornaja um zwei KHL-Coaches erweitert. Von einen Tag auf den anderen werden Fakten geschaffen.

Über die Hintergründe dieser Rochade kann nur spekuliert werden. Klar ist, Oleg Znarok ist der große Verlierer und an den sportlichen Ergebnissen lag es nicht. Denn Znarok ist der erfolgreichste russische Trainer überhaupt. In seinen vier Jahren als Chefcoach der Sbornaja gewann er bei jeder WM eine Medaille: Einmal Gold, einmal Silber, zweimal Bronze. Dazu holte er den Olympiasieg 2018 und erfüllte damit die Aufgabe seines Vierjahres-Vertrages. Auch in der KHL hat bislang kein anderer Trainer mehr Titel gewonnen, als der ehemalige deutsche Zweitligastürmer.

Wie es mit Znarok nun weitergeht, ist völlig unklar, ebenfalls, ob er gewillt ist, Licht ins dunkle Treiben der Verantwortlichen zu bringen. Sein Abschied ist eine Zäsur für das russische Eishockey und ein weiterer Beweis, dass mächtige Strippenzieher im Hintergrund alles entscheiden können. Die WM in Dänemark wird zeigen, ob die Polemik gegenüber Znarok nicht wieder in Hilferufe umschwenkt, wenn der Erfolg ausbleibt.