Kränkelnder Patient

Offensiv, spektakulär und erfolgreich. Mit dieser Spielweise begeistert Metallurg Magnitogorsk seit Saisonbeginn die Fans. Doch ausgerechnet kurz vor den Play-Offs scheint der Traum vom Gagarin-Cup bereits ausgeträumt. Warum Magnitka vor besonders schwierigen Play-Offs steht.

In Magnitogorsk fühlen sich die Fans wie auf einer Hochzeitsfeier, bei der die Gäste gehen, bevor die Party überhaupt begonnen hat. Alles ist perfekt vorbereitet, doch tanzen möchte keiner mehr. Eine Schockstarre liegt über der Stadt. Dabei begann alles so erfolgreich: Mit spektakulärem Offensiveishockey fegte Metallurg bislang durch die Saison. Der neue Trainer Paul Maurice, der viele Jahre erfolgreich bei Carolina in der NHL wirkte, lernte den Schönspielern mehr Geradlinigkeit und baute das Team Stück für Stück nach seinen Wünschen um. Mit Hilfe des Lockouts formte er die stärkste Angriffsformation der KHL: Die Sturmreihe Evgeni Malkin, Sergei Mozyakin und Nikolai Kulemin beherrschte die Liga nach belieben. Selbst die zweite Formation mit den Ausländern Justin Hodgman, Mats Zuccarello und Ryan O´Reilly erkannte die Qualität der drei neidlos an und sorgte für Entlastung, wenn die erste Reihe mal keinen Sahnetag erwischte.

Das beste Powerplay der Liga, die meisten Tore aller Teams und die Tabellenführung im Osten waren die logische Konsequenz. Doch die Betonung liegt auf war. Denn mit Ende des Lockouts, mit dem Weggang von Malkin, Kulemin und Verteidiger Sergei Gonchar, ist Magnitogorsk plötzlich tief gefallen: Vom Topfavoriten zum kränkelnden Patienten. Nachdem in der vergangenen Woche auch noch der Vertrag mit Stürmer Ryan O´Reilly aufgelöst wurde, müssen kurz vor den Play-Offs fast alle Schlüsselpositionen neu besetzt werden. Ein schwieriges Unterfangen. Seit dem Weggang der Superstars stottert die Tormaschine. Aus den restlichen acht Spielen im Januar holte Metallurg nur zwei Siege.

Verzweifelt sucht das Team daher nach Verstärkungen. Die Stürmer Alexander Korolyuk (zuletzt Vityaz) sowie der Tscheche Milan Gulaš (HC Pilsen) sollen jetzt die Wende bringen. Doch das funktionierende Kollektiv, das die Fans mit Offensiveishockey begeisterte, kann nicht auf Knopfdruck wiederhergestellt werden. Zeit zum Einspielen bleibt ohnehin kaum. Ganz abschreiben darf man die Mannschaft, bei der der ehemalige Frankfurt Ilja Vorobjev als Verbindungsglied zwischen den nordamerikanischen Trainern und den russischen Akteuren fungiert, aber trotzdem nicht. Schließlich ist Sergei Mozyakin auch ohne Nebenspieler Malkin der erfolgreichste Stürmer der KHL und kann Spiele im Alleingang entscheiden. Jetzt ist Trainer Maurice gefordert, mit einer neuen Taktik auch in den Play-Offs für Erfolg zu sorgen.