Plötzlich im Rampenlicht

Verlieren kann so schön sein. Über 8000 Zuschauer feierten in Prag die Eishockeymannschaft HC Lev, die Ende Februar ihre erste Spielzeit in der internationalen KHL mit zwei Playoff-Niederlagen vor heimischem Publikum abschloss. Mittendrin Freiburgs und Schwenningens langjähriger Torhüter Rostislav „Hugo“ Haas.

Eine neue Eishalle für Freiburg? Die Playoff-Gegner der Wild Wings? „Weiß ich alles schon“, lächelt Hugo Haas. Sein dunkler Anzug, das Hemd und die Krawatte – farblich perfekt aufeinander abgestimmt – passen gut in die Katakomben der ehrwürdigen Tippsport-Arena zu Prag. 1972, 1978, 1985 und zuletzt 1992 fanden in diesem Stadion Eishockey-Weltmeisterschaften statt. Jetzt fühlt sich Haas hier heimisch. Seit vergangenem Sommer trägt er mit dem neu gegründete Klub HC Lev Prag in dieser Stätte seine Heimspiele in der KHL aus. Trifft auf ruhmreiche Klubs wie ZSKA Moskau, SKA St. Petersburg oder Dynamo Riga. Als einziges tschechisches Team spielt HC Lev in der besten Liga Europas. Und Hugo Haas prägt die Neuauflage der tschechisch-russischen Eishockey-Rivalität als verantwortlicher Torwarttrainer.

Statt dicker Beinschoner trägt er jetzt feinen Zwirn. Engagiert steht er hinter der Bande, schreibt fleißig mit, lernt und lehrt gleichzeitig. „Es ist eine komplett neue Welt – aber es macht riesig Spaß“, zieht Haas Bilanz nach der ersten Saison, die erfolgreich verlief. Als Neuling preschten die Tschechen bis in die Playoffs und waren gegen ZSKA Moskau ebenbürtig, auch wenn das Ergebnis von vier Niederlagen in vier Spielen eine andere Sprache spricht. „Auf diesem hohen Niveau machen Kleinigkeiten den Unterschied“, erklärt Haas. „Auch die Erfahrung spielt eine große Rolle.“

Für Lev Prag und Haas persönlich ist die KHL eine komplett neue Herausforderung. 52 Spiele in sechs Monaten, lange Reisen bis ins mehr als 10.000 Kilometer entfernte Chabarowsk. Dazwischen hartes Trainingspensum und taktische Schulungen. Das spielerische Niveau der KHL ist weder mit der DEL noch der tschechischen Extraliga und schon gar nicht mit Deutschlands zweiter Liga zu vergleichen. Hier spielte Haas von 1998 bis 2009 für Freiburg und Schwenningen und erinnert sich gerne zurück. „Deutschland war eine tolle Zeit für mich. Sportlich wie privat. Schließlich sind in Freiburg meine beiden Kinder auf die Welt gekommen.“

Mit einigen Kameraden von damals hält er bis heute Kontakt, auch mit Freiburgs Ex-Stürmerstar Oleg Znarok, der in der KHL mit Dynamo Moskau amtierender Champion ist. „ Ich bin stolz, dass ich damals mit ihm zusammenspielen durfte.“ Wieder lächelt Haas. Doch nicht nur seine Vergangenheit, vor allem seine Zukunft erscheint in einem rosigen Licht: Erfolgreich coachte er nach Ende seiner Spielerkarriere talentierte Torhüter. Jetzt steht er als Torwarttrainer des stärksten tschechischen Teams plötzlich im Rampenlicht. In dem eishockeyverrückten Land ist Lev Nationalstolz.

In der KHL muss sich Prag Woche für Woche international beweisen. Jeder einzelne Spieler, aber auch die Trainer. Für den ehemaligen deutschen Zweitligatorhüter eine große Aufgabe und vielleicht eine einmalige Chance, richtig Fuß zu fassen in der großen Eishockeywelt. Die neue Rolle steht ihm gut: In der kommenden Spielzeit will Haas wieder mit den Fans in Prag feiern. Wenn Lev das große Ziel wahrmacht und erneut in die Playoffs einzieht.