Sandis Ozolinsh: Lettlands lebende Legende

Wo liegt das Geheimnis von Dynamo Riga? Seit Saisonbeginn mischt der lettische Klub die KHL auf. Ohne große Namen und ohne großes Budget. Eine Spurensuche mit überraschendem Ergebnis.

„Jeder von uns versucht, immer ehrlich zu sich zu sein.“ Mit einem philosophischen Ansatz bemüht sich Kapitän Sandis Ozolinsh, den Erfolg zu erklären und fügt hinzu: „Wir versuchen, in jedem Spiel das zu geben, was wir tatsächlich im Stande sind, zu leisten.“ Wie bitte? Die Worte aus dem Mund eines des charismatischsten Eishockeyspielers der Gegenwart machen das Geheimnis rund um den Erfolg von Dynamo Riga nur noch größer. Denn Disziplin ist eine Tugend, die einem in Verbindung mit dem mittlerweile 41-jährigen, ehemaligen NHL-Verteidiger nicht als erstes einfällt. Im Gegenteil: Der Name Ozolinsh steht für die grüne Welle, für Offensivverteidigung, bei der er selbst oftmals als letzter Akteur zurück in der eigenen Zone ist, für Eskapaden und Skandale. Und jetzt das: „Wir müssen immer diszipliniert spielen“, so Ozolinsh.

Plötzlich diszipliniert?

Wer die vielen erfolgreichen Spiele von Dynamo Riga genau betrachtet weiß, dass in den Worten des Kapitäns mindestens genauso viel Schalk wie Wahrheit steckt. Denn natürlich spielt Ozolinsh auch in dieser Spielzeit nicht plötzlich wie ein Lieblingsschüler seiner Trainer. Und doch agiert er viel stärker nach dem Willen seiner Coaches als in der Vergangenheit. Denn der Verteidiger ist Vorbild, Hoffnung und Stolz eines ganzen Landes.

Immer wieder machten Gerüchte die Runde, dass Ozolinsh seine Karriere beendet. Vor allem nach seinem Abschied von Dynamo Riga im Sommer 2012. Doch der Routinier machte weiter, zeigte auch im Dress von Atlant, dass er einem Team Impulse geben kann. Viel wichtiger aber war sein persönlicher Wille. Denn Ozolinsh kehrte nach langer Pause auch ins lettische Nationalteam zurück, um bei der Olympia-Qualifikation zu helfen. Mit Erfolg: Lettland ist in Sotschi dabei und Sandis Olzolinsh wird als Kapitän auf die Olympische Eisfläche zurückkehren. Dieses großes Ziel, sein täglicher Fleiß auf und neben der Eisfläche beflügeln nach Dynamo Riga nach seiner Rückkehr vor Saisonbeginn natürlich immens.

Von der grauen Maus zum stolzen Goliath

„Ich fühle mich ausgezeichnet – Dynamo ist meine Heimat. Ja, viele Leistungsträger haben den Klub verlassen, aber wir haben viele junge Akteure, die auf sich aufmerksam machen wollen“, so Ozolinsh. Tatsächlich spielt Riga wie ein harmonische Einheit: Aggressiv im Forechecking, selbstaufopferungsvoll in der Defensive und immer mit viel Unterstützung und Hilfe für den Partner. „Vor allem als Mannschaft sind wir wirklich stark“, freut sich Ozolinsh. Mit seiner Hilfe ist aus der grauen Maus Dynamo Riga wieder ein stolzer Goliath geworden, der mit kleinem Etat und viel Einsatz die KHL aufmischt.

Die großartigen Fans kommen aus dem Feiern gar nicht mehr heraus. Aktuell ist das junge Team sogar die einzige Mannschaft im Westen, die den Topfavoriten Dynamo Moskau und SKA St. Petersburg folgen kann und dabei weniger Gegentore kassiert. Natürlich ist es nur eine Momentaufnahme: Doch Sandis Ozolinsh – Lettlands lebende Legende – ist mental so stark, dass dem Höhenflug von Dynamo Riga kein schneller Absturz droht.