KHL-Saisonrückschau 2017/2018

 

 
 
 
 
 
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Zehn Jahre KHL: Zehn Jahre Diskussionen über sportliche Richtung, Ziele und die richtige Strategie der multinationalen Liga unter russischer Führung. Mit dem Ende der ersten Dekade beginnt eine neue Zeitrechnung.

Die KHL war auch in der vergangenen Saison die wahrscheinlich einzige Profiliga der Welt, die mehr an andere denkt, als an sich selbst. 2017/18 wurde dies besonders deutlich: Erneut begann die Hauptrunde mitten im Hochsommer, wo sich selbst in Russland nur wenige für Eishockey interessieren. Der frühe Start im August wurde gewählt, um der russischen Nationalmannschaft möglichst ideale Bedingungen für die Vorbereitung auf die Olympischen Winterspiele zu schaffen. Rund um die Spiele selbst pausierte die KHL sogar einen Monat lang – und die einzelnen Standorte blieben mitten im Winter ohne Eishockey sowie ohne Zuschauereinnahmen.

Bei den zwei reichsten und sportlich schlagkräftigsten Klubs CSKA Moskau und SKA St. Petersburg, die sich die besten russischen Akteure nach Belieben aufteilen, weilte während der langen Olympiapause dagegen fast das gesamte Team inklusive der Trainer bei der Sbornaja. Nicht auszudenken, was in Russland passiert wäre, wenn Nikita Gusev im Finale nicht kurz vor Schluss den Ausgleich gegen Deutschland erzielt hätte und Kirill Kaprizov in der Verlängerung Russland schließlich zum lang ersehnten Olympiagold geschossen hätte. Doch auch mit dem Titel für die Nationalmannschaft wird diese Spielzeit eine Zäsur darstellen. Und das liegt nicht daran, dass den beiden Basisklubs der Sbornaja in den anschließenden Playoffs die Luft ausging.
Das Geld Fehlt und gleichzeitig ist zu viel Geld vorhanden

Mit fortschreitender Spielzeit wurde deutlich, dass wirtschaftliche Aspekte selbst in der KHL mehr und mehr Einzug in die Entscheidungen halten. Russland kann und will sich eine so stark subventionierte Eishockeyliga nicht mehr in der bekannten Form leisten. Denn alle Standorte der KHL sind komplett abhängig von den Zahlungen großer russischer Staatskonzerne. Auf eigenen Beinen stehen kann kein Team. Zum Start der Saison flog mit Metallurg Novokuznetsk eine besonders erfolgreiche Nachwuchsschmiede aus der Liga, weil das Geld nicht mehr für viele gleichzeitig reicht, sondern an einigen Stellen, vor allem in Moskau und St. Petersburg konzentriert wird. Sportlich vermisst wurde das Dauerschlusslicht nicht, für die Region und die vielen Talente war die Entscheidung jedoch eine Katastrophe. Vielleicht entschädigt die Fans, dass mit Dmitri Orlov einer von ihnen den Stanley Cup gewann und im Sommer in der Stadt präsentieren wird.

Doch die Entscheidung gegen Novokuznetsk war nur der Anfang auf dem schwierigen Weg, die KHL-Standorte auf wirtschaftlich stabilere Beine zustellen. Mitten während der Conference-Finalspiele kassierten zwei weitere russischen Klubs die rote Karte: Für Lada Togliatti und Ugra Khanty-Mansiysk war die abgelaufene Spielzeit die vorerst letzte in der KHL. Im entscheidenden Ranking, das sich aus Faktoren wie sportlicher Erfolg, eventuelle Lohnrückstände, Zuschauerauslastung und TV-Einschaltquoten zusammensetzt, belegten sie abgeschlagen die letzten beiden Plätze. Sportlich schaffte mit Severstal Cherepovets aber zumindest eines der notorischen Kellerkinder eine kleine Sensation: Statt defensiv abwartend zu agieren, traute sich Severstal plötzlich zu, den Gegner aggressiv unter Druck zu setzen und so das Tempo selbst zu bestimmen. Hinzu kamen starke Leistungen von Stürmer Dmitri Kagarlitsky, der das Team bis in die Playoffs führte.

Von wegen graue Maus lautete auch das Motto in Nizhnekamsk. Hier stand mit Andrei Nazarov der Star hinter der Bande. Das war es dann aber auch fast schon mit erfolgreichen sportlichen Ausrufezeichen der Saison. Enttäuschungen gab es deutlich mehr – besonders bei den Anhängern von Avangard Omsk und Salavat Ufa. Beide Standorte verfügen über eine große Fanbasis, reiche Tradition und viel Geld – und bei beiden Klubs waren die Fehler hausgemacht. Bis zuletzt mussten sie sogar um die Teilnahme an den Playoffs kämpfen. Auch wenn Ufa eine Runde weiter kam, stand am Ende ein erneuter großer Umbruch an. Große Baustellen hinterließ die Runde zudem in Wladiwostok. Hier reichte das Geld nicht einmal bis zu Olympiapause – bereits zur Trade-Deadline wurden fast alle Leistungsträger verkauft.

Negativ bemerkbar machte sich zudem der große Aderlass in Richtung NHL: Gleich 18 Spieler verließen vor der Spielzeit die Liga, um in Nordamerika ihr Glück zu versuchen. Auch wenn einige scheiterten und zwischenzeitlich zurückkehrten, sank das sportliche Niveau der KHL insgesamt im zweiten Jahr in Folge.

So war es am Ende keine Überraschung, dass sich Ak Bars Kazan den Titel sicherte. Kein einziger Akteur der Mannschaft war für die Sbornaja bei Olympia nominiert, die Pause wurde zur idealen Vorbereitung genutzt. Kazan lebte davon, das Spiel des Gegners zu zerstören, defensiv perfekt zu stehen und blitzschnell zu kontern. Mit genau der gleichen Taktik holte die Mannschaft bereits in den ersten beiden Spielzeiten der KHL-Geschichte den Titel und schloss damit auch sportlich den Kreis der ersten Dekade.

Doch auch die schönsten Jubelbilder des Gagarin Cup-Champions können nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Saison sportlich wie wirtschaftlich ein klarer Rückschritt für die KHL war. Auch die Verantwortlichen scheinen langsam zu erkennen, dass nur eine strenge Gehaltsobergrenze die große Schere zwischen Reich und Arm beenden kann. Erst, wenn ligaweit wirklich ähnliche Voraussetzungen für alle Teams herrschen, kann die Kehrtwende gelingen, die Langeweile aus der Liga weichen und die sportliche Attraktivität wieder steigen.

Wertvollster Spieler: Nikita Gusev (SKA St. Petersburg)
Bester Goalie: Pavel Francouz (Traktor Chelyabinsk)
Bester Verteidiger: Philip Larsen (Salavat Yulaev Ufa)
Bester Stürmer: Ilja Kovalchuk (SKA St. Petersburg)
Bester Rookie: Vitaly Kravtsov (Traktor Chelyabinsk)
Bester Trainer: Zinetula Bilyaletdinov (Ak Bars Kazan)