Wiktor Tichonow: Eine Legende für die Ewigkeit

Wiktor Wassiljewitsch Tichonow ist das Aushängeschild einer Ära. Einer geschichtlichen Epoche, die einmalig war und an die sich weltweit alle Eishockeyfreunde allein durch seinen Namen erinnern. Jetzt ist Tichonow tot. Er starb vergangene Woche im Alter von 84 Jahren in Moskau.
Das Herz der Roten Maschine schlägt nicht mehr. Doch als Legende wird Wiktor Wassiljewitsch Tichonow weiter unter uns weilen. Er war die lebende Erinnerung an eine außergewöhnliche Zeit: An sportliche Auseinandersetzungen auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, an Rekorde für die Ewigkeit, an dominierenden Eishockeysport von einer anderen Welt.

Dreimal Olympisches Gold, acht Weltmeistertitel, zehn Europameisterschaften und zwölf nationale Titel mit CSKA Moskau in Serie gewann Tichonow als Trainer unter anderem. Doch die nackten Zahlen beschreiben nur unzureichend, welche Bedeutung seine Arbeit für das Eishockey insgesamt hatte. Er war der erste Übungsleiter, der die ganzheitliche Entwicklung der Spieler forcierte, der seine Mannschaften elf Monate im Jahr trainieren ließ und der so Generationen erfolgreicher Akteure formte. Er war für sie Vater und Lehrer zugleich und führte als Major der roten Armee ein strenges Regiment, dem sich jeder unterordnen musste.

Tichonow war ein Machtmensch, der im autoritären politischen System der Sowjetunion Karriere machte und dieses auf den Sport übertrug. In den 1980er Jahren, auf dem Höhepunkt seiner Macht, gab es sogar eine direkte Telefonleitung zwischen seinem Arbeitsplatz im CSKA-Stadion am Leningradskij Prospekt und dem Politbüro im Kreml.

Durch diese Machtfülle konnte Tichonow die besten Spieler aus dem größten Land der Erde rekrutieren, egal in welcher Stadt sie aufwuchsen. Der Armeeklub in Moskau wurde zum Jungbrunnen für die Sbornaja. So formte er den wahrscheinlich besten Block aller Zeiten: Die KLM-Sturmreihe mit Sergei Makarow, Igor Larionow und Wladimir Krutow zusammen mit den Verteidigern Alexei Kassatonow und Wjatscheslaw Fetisow.

Natürlich gab es im Leben von Tichonow auch Niederlagen. Berühmt wurde vor allem die Pleite gegen das Team USA im Olympiafinale von Lake Placid 1980. Doch die wohl größte Niederlage seines Lebens war der Zerfall der Sowjetunion. Alles was er aufgebaut hatte, alles woran er glaubte, zerfiel über Nacht. Das neue Russland vergaß die alten Helden und Tichonow musste dem sportlichen Niedergang und den Ausverkauf der besten Spieler in Richtung Westen tatenlos zusehen.

Nach der Jahrtausendwende änderte sich seine Position erneut. Plötzlich war seine Meinung landesweit wieder gefragt, er half beim Aufbau neuer Schulprogramme, bei der Ausbildung neuer Trainer. Bis zuletzt lebte und liebte Tichonow die Sportart Eishockey und den WM-Sieg seines Enkels mit der aktuellen Sbornaja feierte er im Mai 2014 in Minsk live auf der Eisfläche. Seine Erfolge bleiben unvergessen – als Mensch und Trainer wird er der Eishockeywelt trotzdem fehlen. Spasibo i Doswidanja Wiktor Wassiljewitsch.

Ушел из жизни Виктор Васильевич Тихонов. Скорбим…

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