Artemi Panarin: Liebesgrüße aus Russland

Einheimische Stars wechseln aus der KHL in die NHL – und stärken trotzdem das Image der Liga.

Zufällig war diese Aussage nicht: Mit einem klaren Statement zur Bedeutung der KHL für die Entwicklung russischer Spieler meldete sich Ligapräsident Dmitry Chernyshenko zu Wort: „Viele junge Spieler geraten unter Druck ihrer Agenten und entscheiden sich zu zu früh für einen Wechsel. Häufig verschwinden sie im fremden Umfeld komplett von der Bildfläche und wirklich erfolgreich sind nur die allerwenigsten.“ Zeitgleich zu dieser Aussage wurde bekannt, dass mehrere russische KHL-Stars im Sommer die Liga verlassen, um ihr Glück in der NHL zu versuchen.

Für die KHL ist diese Entwicklung kein Rückschritt, sondern ein Ritterschlag. Denn es zeigt, dass sich das sportliche Niveau in den nun sieben Jahren des Bestehens kontinuierlich weiterentwickelt hat. So weit, dass NHL-Klubs nun sogar ungedrafteten Akteuren einen Vertrag anbieten. Wie Artemi Panarin von SKA St. Petersburg. Der 23-jährige russische Nationalstürmer brilliert aktuell im Kader der Sbornaja bei der WM in Tschechien. In der kommenden Saison wird er bei NHL-Topklub Chicago Blackhawks auf Torejagd gehen: „Ich kann nicht sagen, dass es immer mein Traum war: Aber jetzt gibt es die Chance, mich in der NHL zu zeigen und diese Chance will ich nutzen. Ich werde St. Petersburg nicht vergessen, sondern mich an die vielen tollen Momente erinnern und hoffe, dass mich alle Fans auf meinem Weg unterstützen. In der NHL möchte ich beweisen, dass russische Spieler die stärksten sind“, so Panarin.

Der Transfer von Panarin ist durchaus bemerkenswert. Denn medial rechtfertigt die NHL jeden Transfer eines Spielers aus der NHL in die KHL noch immer nur mit finanziellen Möglichkeiten. Tatsächlich aber ist das sportliche Niveau in Russland mittlerweile so hoch, dass viele NHL-Scouts auch nach fertig ausgebildeten Akteuren suchen, nach Spielern, die in der KHL ihre Qualität bereits unter Beweis stellten. Dies gilt selbstverständlich auch für Cracks, die bereits in Nordamerika waren, wie Alexander Burmistrov und Schwedens Torhüter Anders Nilsson aus Kazan oder Tschechiens Vladimir Sobotka von Avangard Omsk. Ihre kolportierte Rückkehr in die NHL wäre keine Überraschung. Die Transfers von Sergei Plotnikov und Nikita Zaitsev dagegen schon.

Denn auch Plotnikov (24) und Zaitsev (23) sind nicht gedraftet und gehören wie Panarin zu den jungen russischen KHL-Stars. Plotnikov stürmt für Lokomotive Jaroslawl, Zaitsev war in der abgelaufenen Spielzeit stärkster Verteidiger von CSKA Moskau. Während Panarin seinen Wechsel nach Chicago bereits verkündete, fehlt bei Plotnikov und Zaitsev noch die offizielle Bestätigung. Im Falle Plotnikovs plauderte Lokomotive-Präsident Juri Jakowlew die Neuigkeit jedoch schon aus: „Die Karriere eines Sportlers ist kurz und solche Chancen muss man nutzen. In Jaroslawl werden wir aber immer froh sein, Plotnikov zu sehen.“

Tatsächlich scheint bei den Wechseln von Panarin, Plotnikov und Zaitsev das Sicherheitsnetz dicht gespannt zu sein. Anders als bei jungen Talenten, die ohne Absicherung nach Nordamerika gehen und auf ihr großes Glück hoffen, behalten die russischen Nationalspieler ihren erworbenen Status in der KHL. Konkret: Sollten sich die drei in der NHL nicht durchsetzen, gehen sie nicht in die Minor Leagues, sondern treten wieder ihre gut dotierten Verträge in der KHL an.

Die Aussage von Ligapräsident Chernyshenko ist daher weniger als Hilferuf, sondern eher als gut gemeinte Warnung zu sehen. Denn auch die KHL kann ein Sprungbrett für eine Karriere in Nordamerika sein. Und die freiwerdenden Positionen bieten nun neuen Akteuren die Chance auf ihren Durchbruch.