Kasachstan taumelt und sucht einen neuen Erfolgsweg

Was ist los mit dem kasachischen Eishockey? Diese Frage stellten sich viele Fans nach dem blamablen Ausscheiden in der Olympiaqualifikation gegen Polen. Die Antwort ist vielschichtig.

„Ich bin immer noch verärgert wegen der Niederlage gegen Polen. Es ist wirklich schwer, das zu ertragen. Daher bin froh, dass wir heute gewonnen haben.“ Henrik Karlsson sitzt nach dem Spiel von Barys gegen Sotschi mit hängendem Kopf in der Kabine und rätselt noch immer: Wie konnte das passieren?

53 zu 17 lautete das Schussverhältnis im Spiel gegen Polen. Vor heimischem Publikum in Nur-Sultan gelang Kasachstan den 0:2 Rückstand zu egalisieren. Läuferisch, technisch und taktisch war das Team dem Gegner überlegen. Doch John Murray im Tor der Polen ließ sich nicht mehr überwinden, während seine Vorderleute aus zwei Schüssen im Schlussdrittel einmal trafen und das Turnier sensationell gewannen.

Die Niederlage stellt nun das komplette System in Frage. Denn der KHL-Standort Barys bildet die Basis fürs Nationalteam. Hier dürfen die kasachischen Spieler reifen und die traditionell starken nordamerikanischen Importe werden eingebürgert. Mit Erfolg zumindest in der Liga: Barys gehört in der Eastern Conference zu den besten Mannschaften, auch in dieser Saison ist die Playoff-Qualifikation bereits gesichert. Vielleicht war es genau diese Gewissheit, die Kasachstan im entscheiden Spiel das Genick brach.

Spieler und Trainer suchten jedenfalls die Schuld bei sich selbst. „Ich bin für die Niederlage verantwortlich und möchte mich bei den Fans entschuldigen“, meinte Coach Andrei Skabelka gleich nach dem Spiel gegen Polen. Der Weißrusse trainiert Barys und das Nationalteam in Personalunion und setzte im Turnier auf seine erfahrenen Akteure, die in der KHL regelmäßig treffen und die Kasachstan auch zurück in die Gruppe der stärksten Eishockeynationen der Welt zurückführten. Die baldige Endrunde mit Barys und die anstehende WM in der Schweiz sind auch der einzige Grund, warum Skabelka nach der Niederlage nicht sofort gefeuert wurde.

Für die meisten Leistungsträger im Team war die Qualifikation altersbedingt die letzte Chance auf eine Olympiateilnahme. Nach der Niederlage wäre es eigentlich an der Zeit, der nachrückenden Generation eine Chance zu geben. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass den Verlierern gegen Polen in der Schweiz die Möglichkeit zur Rehabilitation gegeben wird. Wenn sie den Klassenerhalt schaffen, redet bis zum Turnier in Peking bald niemand mehr über die Schmach vom Februar. Wenn jedoch auch die WM vergeigt wird, muss Skabelka spätestens im Frühjahr gehen und die drängendste Frage – ob die vielen Einbürgerungen dem kasachischen Eishockey wirklich weiterhelfen – wird von vorne losgehen.